Ich wollte schon immer einmal in ein Tantra Seminar. Falls du nun gerade ins Kopfkino eingestiegen bist und Bilder sich verselbständigen, drücke auf Stopp und lese aufmerksam weiter. Es ist völlig anders, als du denkst. Tantra ist eine Strömung aus der indischen Philosophie. Philosophie wiederum bedeutet für mich die menschliche Existenz zu ergründen und zu deuten. Die Zusammenhänge zwischen einzelnen Bereichen zu verstehen.

Der Workshop begann an einem Freitag. Ich habe mich extrem gefreut, eine Woche Zeit zu haben, wichtigen Themen im Leben auf den Grund zu gehen: Sexualität, Liebe und das Liebe machen. Seit ich mich erinnern kann, hatte ich eine Ahnung, dass es da doch noch „mehr“ geben muss als nur Reibung. Doch über Sex reden wir tendenziell nicht. Oder hast du schon Mal mit deinem Nachbarn oder deinem besten Freund über Häufigkeit, Erektionen oder wie sich Sex mit deiner Partnerin anfühlt gesprochen? Ich nicht.

Meine Erwartungen an den Workshop waren relativ simpel: Ich wollte wissen, wie es funktioniert und mehr über dieses „mehr“ erfahren. Im besten Fall erhoffte ich mir, den Schlüssel zu exstatischem Sex zu erhalten. Gleich am Anfang wurde klargestellt, dass es nicht um Techniken geht und dass keine Rezepte vermittelt werden. Wir wurden angeleitet bei uns zu bleiben und uns nur um uns zu kümmern. Einerseits eine riesen Erleichterung festzustellen, dass es nur um mich geht. Andererseits befremdend, weil ich diese Bild in mir trage, mein gegenüber befriedigen zu müssen.

In diesem Stile ging es weiter und wir landeten schliesslich bei Präsenz. Osho definiert Tantra als die Transformation von Sex in Liebe. Und was für eine Enttäuschung. Es gibt kein Geheimnis. Keinen Knopf den ich drücken kann, damit es funktioniert. Haltung als Werkzeug. Haltung zeigt sich in  der Art wie ich mich verhalte. Das „wie“ wird plötzlich zentral und nicht mehr das was. Das „wie“ ändert alles und ist Katalysator für ein neues Bewusstsein. Der Orgasmus ist plötzlich nicht mehr das Ziel sondern nur eine mögliche Konsequenz.

Ich bekam dann doch noch ein paar Schlüssel, die das „wie“ unterstützen: Bewusst atmen, in der Entspannung bleiben, durchlässig sein und denn Sinn für Humor nicht verlieren.

Ich habe viel über mich gelernt: dass ich zuviel im Kopf bin und zuwenig im Körper. Dass ich zuviel denke und zu wenig spüre. Dass ich zuviel tue und zu wenig bin. Und dass manchmal mein Ego dominiert und ich nicht auf mein Herz höre. Hat das was mit Sex zu tun? Jain. Es hat was mit dem Leben zu tun. Meine Kernerkenntnis: Mach was du willst, aber mach es bewusst.